Gedenken auf dem Nordfriedhof

    1. Einleitung

    Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,

    die Gedenkveranstaltungen am 09. November, dem Schicksalstag der deutschen Geschichte, liegen noch nicht einmal eine Woche zurück.

    Nun lenkt Herr Rudau mit dem Antrag die Aufmerksamkeit auf das Gedenken auf dem Nordfriedhof. In der Begründung seines Antrags versucht Herr Rudau seine Interpretation der Geschichte durchzusetzen.

    1. Hauptteil

    Die Demokratie in Deutschland wurde im  Jahr 1918 und den Folgejahren unter schwersten Voraussetzungen errungen und musste in den Anfangsjahren der Weimarer Republik immer wieder verteidigt werden.

    Eine der jüngsten Veröffentlichungen zum Thema, Marc Jones` „Am Anfang war Gewalt“ belegt eben diesen Charakter der Anfangsjahre.

    Allein in Kiel gab es am 5. November 1918 eine Schießerei vor der Kieler Sparkasse, die 10 Menschen das Leben kostete und rund 20 Verwundete zurückließ. Sie kamen aus den Gewehrläufen der Revolutionäre.

    Die wachsende Angst der Bürger hatte also nicht nur mit den Nachrichten über Gewaltexzesse während der russischen Revolution zu tun, sondern ebenfalls mit der Lage im Inneren.

    Als das Reich in Auflösung und Anarchie zu versinken drohte, waren es die Sozialdemokraten Friedrich Ebert, Philipp Scheidemann und Gustav Noske die Verantwortung übernahmen und die Ordnung und die Überleitung in einen demokratischen Staat in die Hand nahmen.

    Als Prinz Max von Baden die Reichsgeschäfte mit den Worten „Herr Ebert, ich lege Ihnen das Deutsche Reich ans Herz“ in die Hände eines Sozialdemokraten legte, erwiderter dieser: „Ich habe zwei Söhne für dieses Reich verloren.“

    Die Verbände der alten Armee lösten sich auf, sobald sie ihre Heimatorte erreichten. Neue Verbände – Freikorps – wurden aufgestellt. Zuverlässige demokratisch gesinnte Truppen gab es nicht.

    Um die Demokratie zu verteidigen, nahm der Sozialdemokrat Gutav Noske damals Truppen, die er fand.

    Ihre Behauptung Herr Rudau, dass Gustav Noske – ich zitiere aus ihrem Antrag: „vordemokratischen Ordnungsvorstellungen verhaftet blieb“, berücksichtigt weder die historischen Umstände, noch gibt er die wahren Handlungsmotive von Gustav Noske wieder.

    Das Berliner Tageblatt warnte Anfang (anlässlich der Streiks vom März) 1919:

    „Falls die Freikorps aufgelöst würden, käme dies einer Auslieferung ganz Deutschlands an die Spartakisten gleich.“

    Wie anders hätte die Regierung eine Demokratie errichten und die Einheit des Reiches bewahren können?

    Denn obwohl die Sozialdemokraten den Reichskongress der Arbeiter- und Soldatenräte im Dezember 2018 in Berlin mit 400 gegen 50 Stimmen von der Notwendigkeit einer parlamentarischen Demokratie überzeugten, sahen die linksradikalen Spartakisten darin Verrat.

    Sie wollten eine Diktatur des Proletariats, und keine parlamentarische Demokratie.

    Am 04. Januar 1919 erhoben sich diese linksradikalen Kräfte zum sogenannten „Spartakusaufstand“.

    Es war eine offene Kampfansage an den Staat und richtete sich gegen freie, allgemeine und geheime Wahlen zur Nationalversammlung und damit die parlamentarische Demokratie.

    Auf der anderen Seite versuchten rechtsextremistisch gesinnte Freikorpssoldaten unter Generallandschaftsdirektor Wolfgang Kapp die Republik zu stürzen. Die Reichsregierung war mit dem Aufruf zum Generalstreik, der von Friedrich Ebert unterzeichnet wurde, erfolgreich.

    Die Bevölkerung ließ den Putsch ins Leere laufen.

    Die von Ihnen im Antrag erwähnte Rote Ruhrarmee kämpfte tatsächlich gegen Kapp-Putsch, doch gleichzeitig verfolgten sie das Ziel, die politische Macht zu übernehmen. Die Reichsregierung ließ nach dem Kapp-Putsch den Ruhraufstand von Reichswehr und Freikorps niederschlagen. Auch hier wieder eine Auslassung, Herr Rudau, um eine nachträgliche Glorifizierung der Roten Ruhrarmee zu erreichen. 

    III. Schluss

    Anträge sollten nicht mit historischen Auslassungen operieren oder die Geschichte verklären oder instrumentalisieren.

    Es waren die Mehrheitssozialdemokraten, die vor einhundert Jahren sowohl die Umsturzversuche von Linksradikalen und Rechtsradikalen verhinderten und die Demokratie mit ihrem Leben verteidigten.

    Eine Gedenktafel auf dem Nordfriedhof muss der historischen Wahrheit entsprechen.

    Ehre wem Ehre gebührt!!!

    Vielen Dank!